Den entsprechenden Eilantrag einer Mutter und ihrer schulpflichtigen Tochter auf Befreiung der Tochter vom Präsenzunterricht und Erteilung von Distanzunterricht hat die 9. Kammer mit Beschluss vom heutigen Tag abgelehnt.
Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, eine Verletzung der staatlichen Schutzpflicht durch die Teilnahme der Antragstellerin zu 1. am Präsenzunterricht sei nicht zu erkennen. Die Schutzmaßnahmen, die in Schulen derzeit ergriffen würden (insbesondere die Verpflichtung zum Tragen von Alltagsmasken, Hygiene- und Reinigungsmaßnahmen sowie regelmäßiges Lüften) stünden in Einklang mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Eindämmung des Pandemie-Geschehens und seien ausreichend, um den staatlichen Verpflichtungen zum Gesundheitsschutz nachzukommen.
Bei den Antragstellerinnen läge auch kein besonders gelagerter Ausnahmefall vor. Diese hatten zur Begründung des Antrags insbesondere geltend gemacht, der Bruder der Antragstellerin zu 1. habe ein erhöhtes Risiko an Covid-19 zu erkranken bzw. einen schweren Verlauf zu erleiden. Diese Einschätzung konnte die Kammer anhand der von den Antragstellerinnen vorgelegten, im Wesentlichen nicht nachvollziehbar begründeten Unterlagen nicht teilen. Vielmehr sei der nachvollziehbaren und fundierten Stellungnahme des Amtsarztes zu entnehmen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit kein erhöhtes Infektionsrisiko bzw. Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bestünde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehöre das Infektionsrisiko im Übrigen derzeit zum allgemeinen Lebensrisiko. Vor diesem Hintergrund sei der Staat gehalten, bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auch kollidierende Grundrechte und Staatsschutzziele zu berücksichtigen. Hierzu gehörten insbesondere auch der Bildungsauftrag des Staates und der Bildungsanspruch jedes einzelnen Kindes, dem am besten im Wege des Präsenzunterrichts Rechnung getragen werden könne.
Sofern die Antragstellerinnen weitergehende Maßnahmen (insbesondere die Separierung des Bruders der Antragstellerin zu 1.) für notwendig erachteten, müssten sie die damit einhergehenden Folgen als selbst gewählte gesteigerte Vorsichtsmaßnahme hinnehmen.
Gegen den Beschluss können die Antragstellerinnen Beschwerde erheben, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet.
Aktenzeichen 9 L 855/20