Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen hat mit Urteilen vom 24. März 2020 - den Beteiligten heute zugestellt - zwei Klagen von Landwirten abgewiesen, mit denen diese sich gegen die Anordnung der Tötung ihres gesamten Rinderbestands (170 bzw. 520 Rinder) gewehrt haben. Gestützt wurden die im Mai bzw. Juli 2019 durch die Städteregion Aachen verfügten Tötungsanordnungen auf den zuvor bei Routineuntersuchungen erbrachten Nachweis von Antikörpern gegen den Bovinen Herpesvirus Typ 1 (sog. Rinderherpes) in den Ställen der Kläger mit einem Durchseuchungsgrad von jeweils über 80 %.

Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Tötungsanordnungen seien rechtmäßig auf der Grundlage des Tiergesundheitsgesetzes und der Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Herpesvirus Typ 1 erlassen worden. Sie dienten der Vorbeugung vor einer weiteren Verbreitung im eigenen Bestand der betroffenen Landwirte sowie der umliegenden Rinderbestände und der generellen Bekämpfung des Rinderherpes. Dass die Seuchenbekämpfung und der damit verbundene Status als virusfreies Gebiet nach EU-Recht zu Handels­erleichterungen für Rinderzüchter führe, stelle die Erforderlichkeit der Anordnungen nicht in Frage. Mildere Maßnahmen seien nicht ersichtlich. Insbesondere eine Impfung könne nach den Ausführungen des in der mündlichen Verhandlung am 3. Februar 2020 vernommenen Sachverständigen Prof. Dr. Beer (Leiter des Instituts für Virusdiagnostik am Friedrich-Loeffler-Institut in Greifswald) die Verbreitung der Tierseuche nicht vollständig verhindern, sondern nur ihren Ausbruch vermeiden. Infizierte Rinder blieben lebenslang Virusträger und könnten diesen weiter verbreiten. Deshalb komme auch eine dauerhafte Unterbringung im Stall nicht als gleich geeignetes Mittel in Betracht. Die Anordnung sei schließlich auch wegen ihrer wirtschaftlichen Folgen nicht unverhältnismäßig. Die wirtschaftlichen Nachteile für die Betriebe der Kläger würden durch Schlachterlöse und Entschädigungszahlungen der Tierseuchenkasse weitgehend aufgefangen. Den verbleibenden finanziellen Verlusten, die nicht beziffert worden seien, stehe die Ansteckungsgefahr gegenüber, die für die virusfreien Rinderbestände in der Umgebung bestehe. Diese Gefahr wiege schwerer, weil ein erhebliches öffentliches Interesse an einer Ausmerzung dieser Tierseuche bestehe.

Anträge auf Vernehmung weiterer Sachverständiger und Zeugen lehnte die Kammer ab. Die Berufung, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, wurde in beiden Verfahren zugelassen.

Aktenzeichen: 6 K 1925/19 und 6 K 2365/19