Angesichts fortdauernder Überschreitungen des Grenzwertes für die Immissionsbe-lastung durch Stickstoffdioxid wurde mit Wirkung zum 1. Februar 2016 durch die Bezirksregierung Köln eine "grüne Umweltzone" eingeführt. Sie sieht in einem räumlich begrenzten Bereich des Aachener Stadtgebiets ein Verkehrsverbot für schadstoffintensive Fahrzeuge vor, die nicht mit einer grünen Plakette ausgestattet sind. Eine Befreiung von dem Verkehrsverbot kann auf Antrag erfolgen, insbesondere in Fällen wirtschaftlicher und sozialer Härte.  

Die 6. Kammer hat sich in zwei Verfahren mit dieser Ausnahmegenehmigung befasst.

Der Kläger des ersten Verfahrens wohnt außerhalb der Umweltzone Aachen. Er beantragte eine Ausnahmegenehmigung mit der Begründung, er sei zu 70 % schwerbehindert, könne schlecht gehen und sei auf einen Rollator angewiesen. Sein Auto könne ausweislich einer Bescheinigung des TÜV Rheinland nicht mit einem Rußpartikelfilter nachgerüstet werden. Er benötige den Wagen, um mit einer Begleitperson einkaufen zu fahren, Ärzte aufzusuchen und seine Familie zu besuchen. Eine Ausnahmegenehmigung erteilte die Stadt Aachen nicht. Die Klage dagegen blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte die Kammer in ihrem Urteil vom 04. September 2017, den Beteiligten nunmehr zugestellt, aus: Die vom Kläger geltend gemachten Umstände würden keine unzumutbaren Nachteile begründen, die ihn im Verhältnis zu anderen Besuchern der Umweltzone besonders hart treffen würden. Es sei nicht erkennbar, dass ihm - auch unter Berücksichtigung seiner Gehbehinderung, wegen der er auf einen Rollator angewiesen sei - unzumutbar sein sollte, die Besuche bei seiner Familie, das Aufsuchen von Fachärzten sowie die Erledigung von Einkäufen im Bereich der Umweltzone mit öffentlichen Ver-kehrsmitteln oder durch die gelegentliche Inanspruchnahme eines Taxis zu bewälti-gen, auch wenn dies mit einem Mehraufwand und auch zusätzlichen Kosten verbunden sein dürfte. Angesichts der hohen Bedeutung des Gesundheitsschutzes, der Anlass für die Einrichtung der Umweltzone war, müssten derartige Unannehmlichkeiten hingenommen werden.

Auch die Klage eines Gerüstbaubetriebs mit Sitz außerhalb der Umweltzone Aachen blieb ohne Erfolg. Für ihren Lkw beantragte sie eine Ausnahmegenehmigung, weil die Umrüstung des Wagens mit einem Rußpartikelfilter rund 6.000 Euro kosten würde, was wirtschaftlich nicht tragbar sei; das Fahrzeug werde ohnehin nur vier- bis fünfmal im Jahr zum Befahren der Umweltzone gebrauch, nämlich um bei großen Baustellen den Gerüstaufbau und -abbau möglichst schnell vornehmen zu können. In ihrem Urteil vom 04. September 2017 legte die 6. Kammer dar, zwar könne die Klägerin - anders als Privatpersonen - nicht darauf verwiesen werden, die erforderlichen Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder durch die Inanspruchnahme eines Taxis zu bewältigen. Doch werde der Klägerin durch Verkehrsverbot die Ausübung ihres Gewerbes in der Umweltzone Aachen nicht unmöglich gemacht, sondern allenfalls erschwert. Denn die Klägerin sei seit Inkrafttreten des Verkehrsverbotes in der Lage gewesen, ihre Baustellen mit dem vorhandenen Fahrzeug, das in die Umweltzone einfahren darf, zu beliefern, wenn dies auch mit einem Mehraufwand und zusätzlichen Kosten verbunden sein dürfte. Dass diese Praxis zu einer Existenzgefährdung führen und unter diesem Gesichtspunkt im Ergebnis ein überwiegendes und unaufschiebbares Einzelinteresse vorliegen könnte, sei nicht vorgetragen.

Gegen das Urteil können die Kläger jeweils einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet.

Aktenzeichen: 6 K 736/16 (Fall 1), 6 K 1104/16 (Fall 2)