Die 8. Kammer hat mit Beschluss vom heutigen Tag, den Beteiligten soeben bekanntgegeben, den Eilantrag des wegen der Unterstützung der ausländischen terroristischen Vereinigung Islamischer Staat (IS) verurteilten tunesischen Antragstellers Kamel S. abgelehnt. Mit diesem hatte er u.a. den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Gewährung von Abschiebungsschutz sowie Eilrechtsschutz gegen seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet begehrt. Damit ist es der Städteregion Aachen nunmehr möglich, den 42-jährigen Tunesier, der zuletzt seinen Wohnsitz in Aachen hatte und derzeit eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten in der JVA Dortmund verbüßt, nach Tunesien abzuschieben.

Zur Begründung heißt es:

Der Abschiebungsschutzantrag habe keinen Erfolg. Der Abschiebung stünden keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegen.

Die Aufenthaltsbeendigung stelle insbesondere keinen unverhältnismäßigen Eingriff in seine Rechte auf Familie (Art. 6 Grundgesetz) und Privatleben (Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention) dar.

Zwar seien diese durch eine Abschiebung unzweifelhaft berührt. Der Antragsteller befinde sich seit dem Jahr 2000 (d.h. seit nunmehr 18 Jahren) in Deutschland und habe hier eine Familie gegründet. Er sei seit 2011 mit einer Deutschen verheiratet. Aus der Ehe seien zwei deutsche Töchter im Alter von fünf und sechs Jahren hervorgegangen. Mit diesen habe er vor seiner Inhaftierung Mitte Oktober 2014 auch in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt.

Dieser Eingriff sei aber aus folgenden Gründen gerechtfertigt:

Zum einen sei die Schutzwürdigkeit der familiären Beziehung zu seiner Ehefrau und seinen Töchtern deutlich herabgestuft. Eine häusliche Lebensgemeinschaft habe zu seinen beiden Töchtern nur bis zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung im Oktober 2014, d.h. während ihrer ersten beiden Lebensjahre, bestanden. Seit seiner Inhaftierung habe er demgegenüber zu beiden Töchtern keinerlei Kontakt gepflegt. Lediglich mit seiner Ehefrau habe er sporadisch aus der Haft heraus telefoniert. Die Familie sei daher – jedenfalls für die Dauer des verfügten Wiedereinreiseverbots von zehn Jahren – auf eine Fortführung der familiären Lebensgemeinschaft vom Ausland aus zu verweisen.

Zum anderen bestehe wegen der strafgerichtlichen Verurteilung des Antragstellers hier ein besonders schwerwiegendes öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung. Das Oberlandesgericht Düsseldorf habe den Antragsteller, ein höherrangiges IS-Mitglied in Deutschland, mit rechtskräftigem Urteil vom 20. Juni 2016 wegen der Unterstützung der ausländischen terroristischen Vereinigung IS in sieben Fällen (u.a. Bereitstellen von Finanzmitteln, Organisation von Flugbuchungen und Schleusung anderer IS-Unterstützer) zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es bestehe auch nach wie vor eine erhebliche Wiederholungsgefahr für die Begehung ähnlicher Straftaten im Falle seiner Haftentlassung. Denn selbst während seiner Inhaftierung habe er versucht, Mitgefangene als IS-Unterstützter zu gewinnen.

Zudem habe sich der Antragsteller während seines 18-jährigen Aufenthalts in Deutschland nicht in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert. Er habe nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens nie einen Aufenthaltstitel besessen, sondern sei stets nur geduldet worden. Einer Arbeit in Deutschland sei er nie nachgegangen, sondern habe langjährig Sozialleistungen bezogen. Demgegenüber sei er mit den kulturellen, sprachlichen und sozialen Verhältnissen in seinem Heimatland Tunesien nach wie vor vertraut. Auch seine Eltern, Geschwister und weitere Verwandte lebten nach wie vor dort. Zudem habe er in Tunesien einen Schulabschluss erworben und sei berufstätig gewesen.

Nicht zu prüfen sei, ob dem Antragsteller in Tunesien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben und Freiheit drohe. Denn sowohl die Ausländerbehörde als auch das Verwaltungsgericht seien – ausländerrechtlich – insoweit an die rechtskräftige asylrechtliche Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24. Oktober 2000 gebunden.

Der Eilantrag gegen die Ausweisung aus dem Bundesgebiet sei bereits unzulässig. Hierfür bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Antragsteller sei bereits seit dem rechtskräftigen negativen Abschluss seines Asylverfahrens, d.h. seit dem 30. Juli 2001, ausreisepflichtig. Gerichtlicher Eilrechtsschutz könne daher keine Verbesserung seiner Rechtsposition bewirken.

 

Gegen den Beschluss kann der Antragsteller Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.

 

Aktenzeichen: 8 L 1034/18