Auf Antrag der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen in einer Eilentscheidung am 29. August 2017 festgestellt, dass die Verkaufsstellen in Aachen am Sonntag, dem 3. September 2017, nicht geöffnet sein dürfen.

Zur Begründung heißt es in dem Beschluss:

Die maßgebliche Ordnungsbehördliche Verordnung der Stadt Aachen über das Offenhalten von Verkaufsstellen sei unwirksam. Sie verstoße gegen den im Grundgesetz verankerten Schutz der Sonn- und Feiertage. Die Vorgaben des Ladenschlussgesetzes, durch das der Sonn- und Feiertagsschutz konkretisiert werde, seien nicht beachtet. Es entspreche dem Ziel des Sonntagsschutzes, den räumlichen und inhaltlichen Geltungsbereich einer Freigabe auf die Branchen und Straßen zu beschränken, die von der anlassgebenden Veranstaltung auch tatsächlich geprägt werden. Hier fehle es an dem notwendigen engen räumlichen Zusammenhang zwischen der eigentlichen Veranstaltungsfläche - der historischen Altstadt von Aachen rund um Dom und Rathaus - und der Freigabe der Ladenöffnung. Nach dem von der Stadt Aachen vorgelegten Veranstaltungsflyer befänden sich sämtliche Veranstaltungsflächen rund um Dom und Rathaus. Der Schwerpunkt der Verkaufs- und Aktionsflächen liege im Bereich Markt/Rathaus, Katschhof, Münsterplatz. Ausläufer - mit deutlich weniger Ausstellern - seien in den angrenzenden Straßen Augustinerplatz/Kockerellstraße, Ritter-Chorus-Straße/Johannes-Paul-Straße, Hühnermarkt/Hof und Ursulinenstraße zu finden. Der Ratsvorlage sei nicht zu entnehmen, weshalb deutlich über diesen Bereich hinaus eine Ladenöffnung zugelassen werde. Besonders deutlich werde dies am Beispiel der Freigabe der gesamten Adalbertstraße bis zum Einkaufszentrum Aquis Plaza, das mindestens 750 m vom eigentlichen Veranstaltungsort entfernt liege und über einen Großteil der in der Innenstadt von Aachen vorhandenen Verkaufsflächen verfüge. Die Einbeziehung der Adalbertstraße auf Antrag des MAC - Märkte und Aktionskreises City e.V. - erfolgte vielmehr ersichtlich im wirtschaftlichen Interesse, dem örtlichen Einzelhandel weitgehend einen umsatzstarken Verkaufssonntag zu bescheren. So verständlich diese Motivation der Stärkung des Einzelhandels in Zeiten verstärkten Internethandels erscheinen mag, sei eine derart weitgehende Verkaufsöffnung mit dem verfassungsrechtlich verbrieften Schutz der Sonntagsruhe unvereinbar.

Es fehle zudem an einer eigenen Prognose der Stadt, dass der "Europamarkt der Kunsthandwerker" in seiner öffentlichen Wirkung für das Besucheraufkommen prägend sein und gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit durch die Ladenöffnung im Vordergrund stehen werde. Zwar enthalte die Vorlage an den Rat Angaben zu den erwarteten Besucherzahlen, die sie - nach den Erfahrungen der Vorjahre - mit 250.000 prognostiziert. Nach Aktenlage beruhen diese Zahlen aber ersichtlich nicht auf eigenen Ermittlungen, sondern seien aus dem Antrag übernommen worden, offenbar ohne diese Zahlen kritisch zu hinterfragen. Den Verwaltungsvorgängen sei kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass sich die Stadt die vom Veranstalter übermittelten Werte habe erläutern lassen. Dabei hätte auch berücksichtigt werden müssen, dass es sich bei der Stadt Aachen um ein sogenanntes Oberzentrum für die gesamte Städteregion Aachen handelt. Es liege auf der Hand, dass eine Verkaufsöffnung an einem Sonntag in erheblichem Umfang einen Anreiz auch für potentielle Käufer aus dem Umland sowie dem benachbarten Ausland gebe, zum Einkaufen nach Aachen zu fahren, zumal der verkaufsoffene Sonntag vom örtlichen Einzelhandel intensiv beworben werde. Wie hoch dieser Anteil zu prognostizieren sei, hätte sich durch Nachfragen leicht ermitteln lassen, zumal in den Jahren 2011 und 2016 der Europamarkt der Kunsthandwerker mit einem verkaufsoffenen Sonntag verbunden gewesen sei. All diesen Fragen nachzugehen habe die Stadt versäumt. Sie habe sich vielmehr offensichtlich der Einschätzung des Veranstalters angeschlossen und sich die nicht ausreichend belegte Bewertung des Veranstalters zu Eigen gemacht, ohne - was ihr oblegen hätte - auf empirische Feststellungen beruhende belastbare Erkenntnisse selbst zu ermitteln.

Die Stadt Aachen kann gegen den Beschluss Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet.

Aktenzeichen: 3 L 1182/17