Der Antragsteller, ein JVA-Beamter, war mit einem Kollegen an der Ausführung des Sicherungsverwahrten Peter B. nach Köln im Januar 2016 beteiligt. Im Verlauf eines Mittagessens in der Gaststätte "Früh am Dom" gelang diesem die Flucht; er wurde erst Tage später wieder gefasst. Mit Bescheid vom 28. Januar 2016 untersagte die JVA dem Beamten, seine Dienstgeschäfte zu führen. Es bestehe der Verdacht einer Straftat gemäß § 120 Abs. 2 StGB und eines Dienstvergehens schwerwiegender Art, weil er den Sicherungsverwahrten nicht ständig und unmittelbar beaufsichtigt habe. 

Der gerichtliche Eilantrag gegen das sofort wirksame Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist ohne Erfolg geblieben.

Zur Begründung hat die 1. Kammer in ihrem Beschluss vom 29. März 2016 ausgeführt:

Aus zwingenden dienstlichen Gründen könne Beamten die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden, wenn sonst der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft drohen würden. Anders als bei der vorläufigen Dienstenthebung im Zusammenhang mit einem Disziplinarverfahren komme es bei einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des Beamten an, sondern auf die objektive Gefährdung des Dienstes. Es sei nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange bestehe; vielmehr eröffne das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen.

Die Leiterin der JVA habe nachvollziehbar dargelegt, dass sie derzeit kein Vertrauen in die Tätigkeit des Antragstellers habe und eine Untersagung der weiteren Dienstausübung in der Justizvollzugsanstalt geboten sei. Bereits aufgrund der Schilderung des Antragstellers selbst stehe fest, dass er den Sicherungsverwahrten in der Kölner Gaststätte nicht umfassend beaufsichtigt habe. Der eingeräumte Verstoß gehe auch über eine Verletzung von einfachen Sorgfaltspflichten hinaus, weil die Pflichtverletzung im Bereich des Justizvollzugs angesiedelt sei. Der Justizvollzug sei ein Bereich mit besonders hoher Relevanz sowohl für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung als auch für die tatsächliche Sicherheitslage dar. Dies gelte zumal für die JVA Aachen, in der nicht nur viele zu hohen Freiheitsstrafen verurteilte Häftlinge einsäßen, sondern auch Sicherungsverwahrte mit hohem Gefahrenpotenzial untergebracht seien. Dem Antragsteller müsse bei bereits 17 erfolgten Ausführungen von Sicherungsverwahrten bekannt gewesen sein, dass die maßgebenden Vorschriften eine besondere Beaufsichtigung vorsehen, um eine Entweichung zu verhindern. An diese Vorgaben habe er sich offenkundig nicht gehalten, so dass ihn auch mögliche Organisationsmängel in der JVA nicht entlasten könnten.

Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sei nicht unverhältnismäßig. Die JVA sei zutreffend zu der Einschätzung gelangt, zur Gewährleistung der Sicherheit könne dem Antragsteller auch keine andere Aufgabe - ohne Außenkontakte - zugewiesen werden. Wegen des Verdachts der Gefangenenbefreiung habe die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, und bundesweit sei in den Medien über das Geschehen in der Kölner Gaststätte und die widersprüchlichen Angaben des Antragstellers und des Gaststättenpersonals zu dem konkreten Vorfall berichtet worden. Unter diesen Umständen sei eine ordnungsgemäße Dienstverrichtung kaum vorstellbar.

Gegen den Beschluss kann der Antragsteller Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet.

Aktenzeichen: 1 L 113/16