Mit Eilbeschluss vom 22. Januar 2016 hat die 4. Kammer im Wege der einstweiligen Anordnung festgestellt, dass die "Allianz für Aachen" eine Ratsgruppe im Sinne der Gemeindeordnung ist und als solche Anspruch auf finanzielle Zuwendungen hat.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt:

Gruppen im Sinne der Gemeindeordnung – ohne Fraktionsstatus – seien freiwillige Vereinigungen von Ratsmitgliedern, die sich auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zu möglichst gleichgerichtetem Wirken zusammengeschlossen hätten und aus mindestens zwei Mitgliedern bestünden. Eines konstitutiven, anerkennenden Aktes der Gemeinde oder des Bürgermeisters bedürfe es nicht.

Die beiden Mitglieder der "Allianz für Aachen" seien durch die Kommunalwahl von Mai 2014 in den Rat der Stadt Aachen gewählt und hätten sich am 12. November 2015 freiwillig zu der Vereinigung „Allianz für Aachen" zusammengeschlossen. Dieser Zusammenschluss sei auch auf der Grundlage grundsätzlicher politischer Übereinstimmung erfolgt.

Das gelte unabhängig davon, dass die beiden Mitglieder der "Allianz für Aachen" einerseits über die Reserveliste der Partei „Alternative für Deutschland" (AfD) und andererseits über die Reserveliste der Partei „Pro NRW" in den Rat der Stadt Aachen gewählt worden seien. Denn das Recht zur Bildung einer Gruppe sei Ausfluss des freien Mandats der Ratsmitglieder, die in ihrer Tätigkeit ausschließlich dem Gesetz und ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung verpflichtet und an Aufträge nicht gebunden seien.

Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich lediglich um einen formalen Zusammenschluss handele, um finanzielle Vorteile oder eine stärkere Rechtsposition für die Verfolgung uneinheitliche individueller politischer Ziele der einzelnen Mitglieder zu erlangen. Eine in diesem Sinne politisch extrem heterogene Zusammensetzung der Gruppe bestehe nicht. Zwar gehört die Partei „Pro NRW" dem rechten Parteienspektrum an, während die Partei „AfD" sich selbst in der politischen Mitte des Parteienspektrums sieht. Unabhängig von der Verortung der Partei "AfD" im politischen Parteienspektrum sei unter Berücksichtigung der Wahlprogramme beider Parteien jedenfalls festzustellen, dass die politischen Leitlinien der Partei „AfD" zahlreiche politische Themen beinhalten, die auch im Vordergrund des politischen Forderungskatalogs der Partei „Pro NRW“ stünden, wie etwa die Migrations- und Flüchtlingspolitik, die Familien- und Bildungspolitik, die Innere Sicherheit oder die Forderung nach mehr direkter Demokratie.

In dem Gründungsstatut der "Allianz für Aachen" seien verschiedene konkrete, von ihr angestrebte kommunalpolitische Ziele festgelegt worden. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass sie nur zum Schein formuliert worden seien,  um eine tatsächlich nicht vorhandene politische Übereinstimmung vorzutäuschen, bestünden nicht.

Dagegen spreche im Übrigen auch, dass die Mitglieder der "Allianz für Aachen" bereits in der Vergangenheit zu verschiedenen kommunalpolitischen Themengebieten im Rat den gleichen bzw. zumindest ähnlichen Standpunkt vertreten hätten und ihnen dementsprechend auch von der lokalen Presse wiederholt eine "ideologische bzw. gedankliche Nähe" zugeschrieben worden sei. Schließlich ließen auch aktuelle Äußerungen der beiden Mitglieder der "Allianz für Aachen" auf ihren persönlichen Internetseiten (Ankündigung der Aufnahme gemeinsamer Gespräche mit einer Bürgerinitiative, Ankündigung des gemeinsamen Einsatzes für die Interessen der Aachener Bürgerschaft, Lektüreempfehlung für die vom anderen Gruppenmitglied verfassten Aufsätze, Hinweise auf frühere gemeinsame Meinungsäußerungen sowie gegenseitige Unterstützung im Rat) erkennen, dass sie auch in Zukunft als Gruppe politisch zusammenarbeiten wollen.

Aus der Zuerkennung des Gruppenstatus folge ein Anspruch auf Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen für ihre Geschäftsführung nach Maßgabe der Richtlinien des Rates der Stadt Aachen über die Zuwendungen zum Geschäftsbedarf der Ratsfraktionen.

Gegen den Beschluss kann die Stadt Aachen Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet.

Aktenzeichen: 4 L 1074/15